Wo liegt die Zukunft unserer Mobilität?

Exkursion zum Centrum für Biotechnologie

Prof. Dr. Olaf Kruse ist ein weltweit gefragter Referent und Gesprächspartner, wenn es um das Thema „Herstellung von synthetischem Treibstoff“ geht. Häufig empfängt der wissenschaftliche Direktor vom CeBiTec (Centrum für Biotechnologie) an der Universität von Bielefeld hochkarätige Besucher aus Politik, Forschung und Wirtschaft, wenn er nicht gerade selber forscht oder seine Studenten unterrichtet.

Um so begeisterter waren am vergangenen Freitag einige Mitglieder und Interessierte der Grünen Liste Beelen, die eine Anfrage ans Institut gestellt hatten und eine spontane Einladung zu einer Präsentation mit anschließender Diskussionsmöglichkeit und Rundgang durch das Labor erhielten.

Ursprünglich sollte ein Mitglied der Forschungsgruppe die Präsentation für die Beelener Gruppe übernehmen, diese waren aber in ihren Versuchsreihen unabkömmlich, so dass die Grünen das Vergnügen hatten, von Prof. Dr. Olaf Kruse selbst empfangen zu werden.

Seit mehr als zwanzig Jahren steckt der Molekularbiologie seine Energie und sein Wissen in die Forschungsarbeit mit Mikroalgen. Ziel ist die Entwicklung eines nachhaltigen Biokraftstoffes. Dafür kooperiert die Forschungsgruppe um Kruse mit verschiedenen weltweit agierenden Forschungszentren sowie namhaften Autoherstellern, wie z.B. VW, Volvo und Fiat und einen großen finnischen Öl-Konzern.

Mikroalgen sind ein faszinierender Lieferant für Treibstoff und Biomasse, denn sie sind relativ anspruchslos. Sie benötigen lediglich Sonnenlicht für ihr Wachstum und sind zudem in der Lage Phosphate und Stickstoff herauszufiltern und werden deshalb auch bei der Abwasserklärung eingesetzt. Wie aber kann aus Mikroalgen Treibstoff für Fahrzeuge gewonnen werden?

An dieser Herausforderung forschen Prof. Dr. Olaf Kruse und sein Team bereits seit vielen Jahren und haben dabei eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Es wurde in vielen verschiedenen Versuchsreihen - unter anderem in Wüstenregionen - festgestellt, dass Grünalgen nicht nur Photosynthese betreiben, sondern ihre Wachstumsenergie auch aus anderen Pflanzen ziehen können. Die Biologen konnten nachweisen, dass einzellige Mikroalgen Energie aus pflanzlicher Zellulose ziehen können. Außerdem können die Mikroalgen z.B. mit Hilfe von Enzymen aus Fichten Biotreibstoff herstellen. Die Algen haben in diesem Prozess die Funktion eines Katalysators. Dafür benötigen sie lediglich Sonnenlicht, Wasser und CO². Positiver Nebeneffekt: CO² wird aus der Atmosphäre abgebaut. Außerdem beansprucht die Algenproduktion keine Flächen, die für die Lebensmittelproduktion benötigt werden.

Zielsetzung ist, ölreiche Mikroalgenstämme zu finden und das Öl sauber abzuschöpfen. In einer Pilotanlage nahe der australischen Stadt Brisbane werden derzeit neue Algenstämme unter besten Bedingungen gezüchtet, z.B. Botryococcus braunii, die Öl quasi ausspuckt. Derzeit wird das gewonnene Öl noch durch energieverbrauchende Methoden ausgequetscht. Zukünftig sollen die Mikroalgen in der Lage sein, diesen Prozess des Öl-Auswerfens selber zu erledigen, so dass das Öl einfach abgeschöpft werden kann. Vorteil: Der aus Mikroalgen gewonnene Kraftstoff ist - im Gegensatz zu klassischem Biodiesel – sauber und partikelfrei.

Kritisch sieht Kruse die aktuelle Diskussion über die verschiedenen Antriebsmöglichkeiten und das pauschale Verteufeln des Dieselmotors. Auch die Elektromobilität hält er derzeit für schwieriges Terrain. „Solange 60 % des weltweiten Bedarfs wichtiger Rohstoffe wie Lithiumhydroxid für die Herstellung von Batterien allein von einem Autohersteller gebraucht werden, muss man über Alternativen nachdenken“, so Kruse. „Wir brauchen energiedichte Treibstoffe. Diese Entwicklung ist nur in Verbindung mit den Global Playern zu lösen.“

Bis die Entwicklung der ölhaltigen Mikroalgen so weit ist, dass große Mengen davon produziert werden können und bis wir alle mit sauberen Motoren fahren, werden noch einige Jahre ins Land gehen, so die Einschätzung von Professor Kruse. Dieses komplexe und schwierige Thema konnte er den „grünen“ Beelenerinnen und Beelener auf eine spannende Vortragsweise nahe bringen. Zeit für eine Diskussion und die Besichtigung der Labore gab es ebenfalls noch, so dass die Exkursion zur Bielefelder Universität ein voller Erfolg war.


Artikel "Die Glocke" vom 4. November 2017

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